Die Pflegebranche steht vor zahlreichen Herausforderungen wie Personalmangel, konstant hohen Belastungen und fehlender Anerkennung. Angesichts dieser Probleme hat die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz eine wegweisende Vision für das Jahr 2040 vorgelegt. Darin fordert sie unter anderem einen angemessenen Freizeitausgleich für geleistete Überstunden und Prämien für Pflegekräfte, die an freien Tagen einspringen.
Der Status quo der Pflege - ein Teufelskreis, der aufgehalten werden muss
Die Pflege ist eine wichtige Säule des Gesundheitssystems und ist damit essentiell für das Funktionieren der Gesellschaft. Und trotzdem leidet sie seit Jahren unter erheblichen Schwierigkeiten, die bisher nie effektiv behoben wurden. Der wohl ausschlaggebende Faktor ist die schlechte Bezahlung für einen Beruf, der psychisch und physisch belastet und mit einem hohen Stresspegel einhergeht. Dies macht den Job für viele Interessierte unattraktiv, wodurch ein Personalmangel entsteht. Dieser Personalmangel führt wiederum zu einer noch höheren Belastung für die Pflegekräfte - ein Teufelskreis entsteht, der die Qualität der Versorgung beeinträchtigt. Darunter leiden nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Pflegebedürftigen.
Wie sieht die Vision 2040 der Landespflegekammer aus?
Die Landespflegekammer hat zunächst 200 Pflegefachkräfte aus mehreren Bundesländern zu ihren Berufen befragt und die Ergebnisse mit eigenen Erkenntnissen abgeglichen. Auf diese Weise ist ein umfassendes Bild über den Missstand in der Pflege entstanden. Gleichzeitig haben sich die Hauptschraubstellen herauskristallisiert, an denen die Regierungen drehen könnten, um die langfristige Zufriedenheit von Pflegerinnen und Pflegern sicherzustellen und den Job auch für Nachwuchstalente attraktiver zu gestalten: Die Landespflegekammer fordert ein Einstiegsgehalt von 4.500 Euro, flexiblere Arbeitszeiten und eine frühere Rente.
Markus Mai, der Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, äußerte, dass viele Pflegekräfte ihren Job durchaus sehr gerne machen, sich aber deutlich bessere Rahmenbedingungen wünschen. Auch sei er der Meinung, dass Pflegeberufe psychisch und physisch so sehr belasten, dass man darin nicht bis 67 arbeiten könne. Dies zeige sich vor allem an den hohen Erkrankungszahlen von Pflegerinnen und Pflegern vor dem Renteneintritt. Zudem forderten viele Pflegekräfte die Einführung einer Vier-Tage-Woche, mehr Anerkennung und Wertschätzung und feste Dienstpläne.
Die “Vision Pflege 2040” - mit Stolpersteinen in die richtige Richtung
Die “Vision Pflege 2040” der Landespflegekammer scheint sinnvolle und fundierte Forderungen zu enthalten, die - sofern sie erfolgreich umgesetzt werden - die Pflege nachhaltig verbessern könnten. Gerade hier ergeben sich allerdings Zweifel: Woher sollen die finanziellen Mittel für die weitreichenden Forderungen kommen? Dürfen sich die derzeit jungen Pflegekräfte darauf verlassen, dass das Rentenalter nicht doch wieder stark angehoben wird, bevor sie tatsächlich in Rente gehen? Wie genau soll das Credo “flexiblere Arbeitszeiten” umgesetzt werden und wer stellt sicher, dass sich medizinische Einrichtungen daran halten? Auch der politische Widerstand und die strukturellen Hindernisse, auf die die Vorschläge der Landespflegekammer stoßen werden, zeichnen sich jetzt bereits ab.
Dennoch: Die Vision 2040 ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, die Pflegerinnen und Pflegern Hoffnung gibt. Ein allzu großer Optimismus ist derzeit leider noch nicht angemessen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz ihre Ideen durchsetzt und ob sie auch andere Entscheidungsträger dazu inspirieren kann, mitzuziehen. Denn nette Worte haben Pflegekräfte bereits in der Pandemie erhalten - es sind aber nachhaltige Besserungen, die einen Unterschied machen.