Pflegekräfte arbeiten häufig trotz Krankheit

Pflegekräfte arbeiten häufig trotz Krankheit

22. März 2024
Autor: Lennart Steuer

Dass viele Pflegerinnen und Pfleger am sogenannten Helfersyndrom leiden, dürfte im Hinblick auf die Berufswahl keine große Überraschung sein. Was ist aber, wenn die Gutmütigkeit so weit geht, dass die eigenen Bedürfnisse hinten angestellt oder ganz vernachlässigt werden? Eine neue Pflegestudie der Krankenkasse Barmer und des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) verrät, dass dies in der Pflegebranche leider keine Seltenheit ist.

 

Vier von zehn Pflegekräften kommen krank zur Arbeit

 

Pflegekräfte sind zwar bekanntlich dafür da, anderen Menschen zu helfen und dafür zu sorgen, dass es ihnen bald wieder besser geht. Aber wer kümmert sich, wenn die Engel in weiß selbst erkrankt sind?

 

Jedenfalls zu wenig Arbeitgeber - das legt zumindest die repräsentative Studie der Krankenkasse Barmer und des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) nahe, die im Juni 2023 an ca. 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Pflegebranche durchgeführt wurde. Denn danach erscheinen vier von zehn Pflegekräften auch dann zur Arbeit, wenn sie selbst erkrankt sind. Die Gründe dafür lauten: Die Vorgesetzten kommen ebenfalls krank zur Arbeit, die Kolleginnen und Kollegen sollen nicht noch mehr belastet werden oder es ist schlicht kein Ersatz da.

 

Besonders häufig betroffen sind davon Pflegerinnen und Pfleger, die ihrem Betrieb bereits seit vielen Jahren angehören. Das bleibt übrigens nicht folgenlos: Laut der Studie denken mehr als ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über eine Kündigung nach.

 

Arbeiten trotz Krankheit - woran liegt es?

 

Die Arbeit als Pflegekraft ist körperlich, psychisch und emotional fordernd. Wer ihr langfristig gewachsen sein möchte, muss die eigene Gesundheit und das eigene Wohlergehen priorisieren, um Erschöpfungen, Burnouts oder Erkrankungen vorzubeugen. Dazu gehört, frühzeitig die “Reißleine” zu ziehen und sich Auszeiten zu nehmen, wenn sie notwendig sind.

 

Dass sich damit ausgerechnet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege schwer tun, zeigt, in welche Schieflage die Branche geraten ist. Pflegekräftemangel, Unterbesetzungen und regelmäßige Überstunden prägen den Arbeitsalltag der Betroffenen und führen dazu, dass sie sich trotz eigener Erkrankung zur Arbeit schleppen.

 

Dieses Pflichtbewusstsein, das von diversen Arbeitgebern nicht nur geduldet, sondern geradezu vorausgesetzt wird, eröffnet einen Teufelskreis: Der berufsbedingte Stress von Pflegekräften begünstigt Erkrankungen. Aufgrund von Unterbesetzungen und negativen Unternehmenskulturen fühlen sich die Betroffenen nicht in der Lage, sich in Ruhe auszukurieren und melden sich nicht krank. Die fehlenden Ruhe- und Erholungsphasen schwächen den Körper und die Psyche schleichend, bis es zu Burnouts oder körperlichen Erkrankungen kommt, die eine längere Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen.

 

Auf diese Weise schaden medizinische Einrichtungen sich selbst und “verschleißen” die wenigen Arbeitskräfte, die ihnen in Zeiten des Fachkräftemangels noch zur Verfügung stehen. Viele junge Menschen in der Ausbildung entscheiden sich aufgrund der Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche bereits für andere Berufszweige - der Nachwuchs bleibt aus.

 

Umdenken in der Pflegebranche: unumgänglich

 

Die Pflegestudie der Krankenkasse Barmer und des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) zeigt einmal mehr, dass ein Umdenken in der Pflegebranche unumgänglich geworden ist. Personalknappheit und Organisationsfehler können nicht auf Kosten der Pflegerinnen und Pfleger ausgebügelt werden. Stattdessen müssen Pflegekräfte entlastet werden und medizinische Einrichtungen ein Arbeitsklima schaffen, in dem Zeiten des Gesundwerdens nicht nur geduldet werden, sondern erwünscht sind.

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